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Bravo! So mag ich das. Neulich...
Bravo! So mag ich das. Neulich wollte doch das Stromverkaufsunternehmen.. .
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Nachdem es Alfons Schuhbeck schließlich gelungen war,...
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der Rohrrohzucker sieht...
der Rohrrohzucker sieht auch nicht schlecht aus! man...
david ramirer - 26. Nov, 17:29

Die Strudlhofstiege

"Als Mary K.s Gatte noch lebte, Oskar hieß er, und sie selbst noch auf zwei sehr schönen Beinen ging (das rechte hat ihr, unweit ihrer Wohnung, am 21. September 1925 die Straßenbahn über dem Knie abgefahren), tauchte ein gewisser Doktor Negria auf, ein junger rumänischer Arzt, der hier zu Wien an der berühmten Fakultät sich fortbildete und im Allgemeinen Krankenhaus sein Jahre machte."

Rrumms. Das ist ein Anfang. Mit diesem Satz beginnt "Die Strudlhofstiege" von Heimito von Doderer. Erschienen 1951, erarbeitet in Jahrzehnten, umstritten wg. der Biographie des Autors, Zwischenstand und Vorspiel zu dem noch umfangreicheren Werk "Die Dämonen", genial.

Geläufig war mir schon länger der Titel, vielleicht vom Stöbern in Buchhandlungen. Stand und steht dort breit, unübersehbar, beim Durchgehen der Regale stößt man unweigerlich auf das Buch. Sagte mir aber weiter nichts, bis ich es eines Tages zur Hand nahm, diesen ersten Satz las und nicht mehr loskam. Das ist jetzt schon einige Jahre her, die 900 Seiten las ich damals in einem Rutsch (der einige Wochen in Anspruch nahm). Geblieben ist mir dieser Anfang und eine grobe Vorstellung von der Handlung. Diese wurde später überlagert von der Lektüre von "Die Dämonen", noch umfangreicher, noch vielfältiger, farbiger, eine Erweiterung, eine Basis, ein Mantel für "Die Strudlhofstiege".

Ich will und kann hier nicht den Inhalt wiedergeben, das führte zu weit und die Lektüre ist auch schon zu lange her. Es geht wie oft um Liebe oder das, was man dafür hält, um Beziehungen in vielfältiger Weise und um die Gesellschaft in ihren verschiedenen Facetten. Die Handlung spielt im Wien der zwanziger Jahre, im reicheren und im nicht ganz so armen Milieu, unter Künstlern und Zwielichtigen. Es geht um die täglichen Nöte, die seelischen Nöte, um Betrug und Erlösung. Beginnend und endend mit dem Paukenschlag des Straßenbahnunfalls windet sich der Erzählungsfaden zurück und vor, nimmt vorweg, holt ein und kommt auf den Punkt.

Was mich gefangen nahm und faszinierte, war und ist die sprachlich gewandte, kritische, aber liebevoll treffende Charakterisierung der Personen und der Gesellschaft. Doderer kennt die Leute und ihr Leben, ist ein genauer Beobachter und kann seine Beobachtungen und Ideen in lebendigen Sätzen und Wortkombinationen wiedergeben. Und gleichzeitig schwebt in den Formulierungen auch immer ein leiser Hauch Ironie, man muss das Geschehen und die Gefühle und Handlungen der Menschen nicht ganz so ernst nehmen, der Autor zwinkert mit dem Auge und ich zwinkere zurück, und manches bleibt offen, undefiniert.

Und er erfindet ein Sammelsurium an Charakteren, Lebenslinien und Verflechtungen. Aber vielleicht ist das alles gar keine Erfindung. Als ich las, hatte ich das Gefühl, die Leute zu kennen, ähnliches selbst einmal oder bei Freunden und Verwandten erlebt zu haben, dabei gewesen zu sein, nein, tatsächlich dabei zu sein. Ganz nah waren mir alle. Ich erinnere mich: als ich dann mit dem Buch durch war, kam eine tiefe Traurigkeit, ein Abschiedsschmerz, mit der traurigen Gewissheit, von Melzer, der Hauptfigur, und seinen weiteren Schicksalen und Entwicklungen nie mehr etwas erfahren zu können. Er trat aus der Geschichte heraus in sein eigenes Leben und ließ mich zurück.

Wenn ich die Zeit hätte, würde ich mich wieder daran begeben, um Sätze zu finden, wie:

"Sein Klingeln klang kurz und scharf, als schlüge man eine Scheibe ein.."
"..einsam an diesem in die eigene Wärme gestürzten Sommertage der zweiten Hälfte des August."
"Der Sommermorgen schien zu zögern, jetzt um halb zehn Uhr am Vormittage noch."
"Wenige Tage später begann auch ihn zweimal täglich die Post-Charybdis in Ein-Zügen und Aus-Stößen, die regelmäßig wechselten, wie die Gezeiten des Meeres, zu schlucken und wieder auszuspeien: als nämlich die ersten Briefe ..."

bis zum Ende, das, etwas kryptisch, verkündet:

"..'Glücklich ist vielmehr derjenige, dessen Bemessung seiner eigenen Ansprüche hinter einem diesfalls herabgelangten höheren Entscheid so weit zurückbleibt, daß dann naturgemäß ein erheblicher Übergenuß eintritt.' Was soll man hier noch sagen!"
FrauvonWelt - 28. Jun, 19:55

Mitunter strudelt man in aufgeschriebene Gedanken eines Menschen hinein und fängt auch an zu denken. So ich hier. Komischerweise geht es dabei gar nicht um Doderer.

Herzlich und dankend
Ihre FrauvonWelt

die_graefin - 29. Jun, 09:06

Das klingt so, als wolle ich es lesen. Und Doderer kenne ich bis jetzt überhaupt nicht.

Danke dafür.

DerDeutsche - 29. Jun, 09:18

Ich danke Ihnen beiden, FrauVonWelt und Frau Gräfin.

Schwierig ist's, die eigne Welt der Welt dort draußen darzubringen. Der Zweifel ist Bruder allen Seins und Handelns, mal stark, mal schwach. So mehr wiegt Ihr Zuspruch. Ich freue mich, angeregt zu haben, Gedanken und Träume.

die_graefin - 29. Jun, 09:26

... und doch ist es gerade der Zweifel, der antreibt und mit Armen und Beinen winken lässt. :)
DerDeutsche - 29. Jun, 09:28

;-)
david ramirer - 29. Jun, 09:57

schön, das so zu lesen, hier.

mir ging es ganz ähnlich :-)

DerDeutsche - 29. Jun, 11:05

Danke. Ihr Bericht trifft vieles, was ich empfand, auf den Punkt. Ich lebte auch so sehr in diesem Buch, in dieser Welt (es war als würde ich dazu gehören), dass der Abschiedsschmerz am Ende sehr real und tief war. Es ist schön, dass Sie Fotos von der Strudlhofstiege haben. Ich war schon lange nicht mehr in Wien, habe aber einmal in der Nähe der Stiege bei einem Freund zu Besuch gewohnt. Das war eine schöne Zeit.

Und vielen Dank für den Hinweis auf die CD. Die kannte ich noch nicht.
david ramirer - 29. Jun, 11:25

gerne geschehen :-)

weitere informationen und sehr tiefgehende publikationen zu meinem leib- und magenautor finden sich auf den seiten der sehr aktiven heimito von doderer-gesellschaft mit sitz in berlin, bei der ich seit etwa drei jahren mitglied bin.

herzlichen gruß von leser zu leser :-)
DerDeutsche - 2. Jul, 00:17

Jetzt ist es fast passiert. Natürlich habe ich wieder in das Buch hineingelesen, hie und da, und geriet wieder in den Strudl der Stiege, sank tiefer und tiefer und konnte gerade, bevor der Mahlstrom mich gänzlich packte, noch einmal auftauchen. Ein ungeheurer Sog geht aus von dem Werk. Zur Zeit kann ich mir leider nicht leisten, diesem Sog nachzugeben.
steppenhund - 29. Jun, 10:26

Erster Satz, Schlussfolgerung, recht treffende Zusammenfassung! Warum fehlt das Thema der Apperzeptionsverweigerung? :))
-
Einer der wesentlichen Tricks, die HvD anwendet, ist das beiläufige Erwähnen einer Tatsache, die im weiteren Verlauf des Buches vom Leser vergessen wird und so für ein überraschendes Spannungsmoment führt. Bei der Strudlhofstiege sind das die Zwillinge, aber es findet sich in jedem Roman von ihm etwas derartiges. Rätselfrage: was ist es bei den Wasserfällen von Slunj?
-
Eine wirklich schöne Romanbesprechung!

DerDeutsche - 29. Jun, 10:51

Stimmt, es gibt durchweg eine unterschwellige Spannung. Ich wusste lange nicht, was da im Hintergrund sich abspielt, wie die einzelnen Personen miteinander in Beziehung stehen, wofür jeder einzelne stand. Als die Zwillinge auftauchten (oder der Zwilling), war ich sehr überrascht. Dieser Teil des Romans schien mir mit dem Anfang so gar nicht in Verbindung zu stehen, die Entwicklung war jedenfalls unabsehbar.

Die Wasserfälle von Slunj habe ich nicht gelesen. Nach den Dämonen war ich wohl erst mal geschafft, es schoben sich andere Werke und Notwendigkeiten in den Vordergrund. Vor nun sehr langer Zeit war mein erstes Doderer-Werk "Die Merowinger". Ich erinnnere mich aber nur an eine witzig-skurrile Gesamtheit, an den kleinen Chilperich mit seinen Nöten (war das so?), und daran, dass ich das Buch damals auch weiterempfahl.
steppenhund - 29. Jun, 11:04

Das waren "die Merowinger - oder die totale Familie", ein echt humoriges Buch.
Die Wasserfälle sind auch sehr zu empfehlen.
DerDeutsche - 2. Jul, 00:25

Die Merowinger besitze ich gar nicht (mehr). Entweder habe ich sie damals empfohlen und verliehen (Lieblingsbücher gehen fast immer auf diese Weise verloren), oder selbst empfohlen und geliehen bekommen (und zurückgegeben). Aber ich habe mir zunächst mal die Leseprobe der Doderer-Gesellschaft heruntergeladen und war wieder begeistert, einfach köstlich, das Buch.

Freie Texte für freie Deutsche

.. die Zeit, welche damals sehr langsam noch verging, sich da und dort in Teichen sammelte, oder, ihres Fließens ganz vergessend, in Tümpeln stand und den Himmel spiegelte ..

Heimito von Doderer, Die Wasserfälle von Slunj

Brachland

Zurückgedeutscht

Running fence - gealtert?
DerDeutsche - 2. Jan, 18:41
freude ist jedenfalls unverkennbar.
DerDeutsche - 29. Jul, 15:10
Zeit für einen Goetheplag?
DerDeutsche - 29. Jul, 15:07
der perfekte (Schönheits) Fleck ;)
DerDeutsche - 8. Jun, 18:20
Schön! Perfekt. Wien wolkenlos?
DerDeutsche - 7. Jun, 06:10

Mit bestem Dank!


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